Empathie im Alltag

Peter H. Schmitt | Mediation Coaching Training

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Strassengiraffisch

In der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) wird häufig die Giraffe als Symbolfigur für Empathie verwendet, da Giraffen die Landlebewesen mit dem größten Herzen sind. Als Gegenspieler begegnet einem im deutschsprachigen Raum der Wolf, der mit wenig Gespür für Gefühle und Bedürfnisse seine Urteile einfach rausheult. Die GFK wird auch als Sprache des Herzens oder Giraffensprache genannt. Sie orientiert sich grundsätzlich an den vier Schritten: Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis und Bitte. Daraus kann sich ein Satz mit folgender klassischer Struktur ergeben: “Wenn ich sehe/höre … , fühle ich mich …, weil ich brauche …. Wärst Du bereit?”. Die eher umgangssprachliche Anwendung der GFK aus einer empathischen Haltung heraus ist “Strassengiraffisch”. Dieser Artikel enthält ein paar Tipps und Beispiele sowie eine Übung zum praxisnahen Einsatz der Gewaltfreien Kommunikation.

“Being Giraffe” versus “Doing Giraffe”

Falls Dir die Methode der GFK noch nicht in “Fleisch und Blut” übergegangen ist und Du einen Selbstausdruck äußerst, dann mag er anfänglich vielleicht etwas “gestelzt” klingen. Das ist völlig ok, solange die gute Absicht darauf liegt eine Verbindung herzustellen und GFK “richtig” anzuwenden. In diesem Fall verhältst Du Dich noch wie eine Giraffe (Doing Giraffe) und wirkst vielleicht noch nicht so authentisch wie es Dir lieb wäre. Wenn Du dabei bleibst, wirst Du bald die empathische Haltung entwickeln aus der Du authentisch mit Dir selbst und Deiner Umwelt verbunden bist. (Being Giraffe)

Damit sich aus der Anwendung der Methode der GFK eine empathische Haltung entwickelt, empfehle ich diese Methode zur Selbsteinfühlung zu verinnerlichen. Am Besten Du spürst täglich bei Alltagssituationen in Dich hinein, welche Deiner Bedürfnisse gerade im Mangel und welche erfüllt sind. Vielleicht findest Du auch eine passende Bitte.

Ausdruck von Beobachtungen

Eine klare Beobachtung ist das, was widerspruchsfrei von mehreren Menschen gleichzeitg beobachtet werden kann und basiert auf ZDF, also Zahlen, Daten und Fakten, zum Beispiel: Der Wagen fährt 116km/h, Klaus wiegt 78.4kg und ist 1.69m groß, das Essen ist mit 6g Salz gewürzt.

Da diese Maßzahlen häufig nicht zur Verfügung stehen greift man umgangssprachlich gerne zu absoluten Äußerungen wie zB. der Wagen fährt viel zu schnell, Klaus ist viel zu schwer, dass Essen ist total versalzen. Der unklare individuelle Maßstab von “viel zu” führt gerne zu Diskussionen über unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe. Ich phantasiere jetzt einen Dialog der sich in ähnlicher Form bei meinen Eltern im Auto oder bei Loriot abgespielt haben könnte:

  • Mutter: “Fahr’ doch nicht so schnell!”
  • Vater: “Aber ich fahre doch gar nicht schnell.”
  • “Doch Du fährst viel zu schnell.”
  • Vater blickt auf den Tacho: “Ich fahre doch gerade mal 126km/h”
  • “Das sag ich doch, das ist viel zu schnell”
  • “Aber hier sind 130km/h erlaubt, also ist es gar nicht zu schnell”

Diesen Dialog könnte endlos weiterspinnen und er würde in dieser Form zu keiner Lösung führen. Außer die Mutter würde aus Not den Warnhinweis “Gleich wird mir schlecht!” äußern.

Tipp: das Universelle “als mir”

Eine Lösung wäre bei folgender Aussage möglich: “Du fährst schneller als mir lieb ist”. Mit dieser Äußerung stelle ich eine Referenz zu meiner Wahrnehmung und gleichzeitig zu meinen unangenehmen Gefühl her. “…als mir lieb ist.” lässt sich recht universell einsetzen:

  • Du fährst schneller als mir lieb ist.
  • Die Musik ist lauter als mir lieb ist.
  • Du sprichst lauter als mir lieb ist.
  • Der Grill raucht stärker als mir lieb ist.
  • Die Tüten sind schwerer als ich tragen kann.

Wenn ich selbst der Vergleichsmaßstab bin, kann der andere zwar immer noch anmerken, wie empfindlich oder was auch immer ich bin, meine Botschaft ist jedoch als Selbstausdruck authentisch kommuniziert. In allen Fällen wünsche ich mir, dass meine Bedürfnisse gesehen und respektiert werden.

Umgangssprachlicher Ausdruck von Bedürfnissen

Im Kern geht es in der Gewaltfreien Kommunikation um die menschlichen Bedürfnissen und Wege diese zu erfüllen. Um diese zu benennen findest Du nachfolgend ein paar Beispiele, deine Bedürfnisse auszudrücken:

  • Autonomie: “Ich möchte gerne selbst entscheiden”
  • Entwicklung: “Ich möchte gerne mal was Neues ausprobieren”
  • Einfühlung: “Ich möchte gerne mal erzählen was bei mir so los ist”
  • Entspannung: “Ich möchte jetzt gerade mal nichts tun”
  • Körperliche Bedürfnisse: “Ich brauche bald etwas zu Essen, zu Trinken, eine Dusche”
  • Individualität: “Ich möchte mich so kleiden, wie es mir gefällt”
  • Integrität: “Ich möchte nicht warten sondern meine Zeit sinnvoll nutzen”
  • Geistige Bedürfnisse (Lesen, Denken, Humor): “Ich möchte gerne meine grauen Zellen aktivierien”
  • Sicherheit: “Ich möchte gerne, dass alle Fakten auf dem Tisch liegen bevor ich mich entscheide.”
  • Schutz: “Ich will ganz sicher sein, dass mir nichts passiert.”
  • Gemeinschaft: “Ich möchte gerne mal wieder ‘unter Leute'”

Paar- bzw. Kleingruppenübung

  1. Finde 2-3 Alltagssituationen welche Du bearbeiten möchtest (~5 Min)
    • Situation in der Du jemanden auffordern möchtest sein Verhalten zu ändern, etwas zu unterlassen oder etwas zu tun (zB. Jemand drängelt sich vor; Müll rausbringen; Zimmer aufräumen)
  2. Rollenspiel (~2 Min.)
    • Spreche aus was Du in der Situation gesagt hast oder sagen würdest? (A)
    • Notiere die spontane Reaktion/Gefühl deines Übungspartners? (B/C)
    • Notiere gegebenenfalls Triggerworte die Dir Dein Übungspartner nennt
  3. Umformulierung (~3 Min.)
    • Welche Urteile und Bewertungen stecken in der Aussage von A? Was will A konkret, dass B tut?
    • Umformuliere was Du „klassisch“ in GFK sagen würdest: Wenn ich sehe dass…, fühle ich…., weil ich brauche…..und deshalb bitte ich Dich….
    • Umformuliere in deinen Alltagssprachgebrauch, so dass es für Dich stimmig ist
  4. Rollenspiel (~2 Min)
    • A „testet“ die Reaktion in empathischer Haltung mit B/C
    • Was ist die spontane Reaktion/Gefühl deines Übungspartners? (B/C)
    • Notiere jetzt die Reaktion/Triggerworte
    • Was hat sich verändert?
  5. Rollenwechsel
    • A und B/C wechseln die Rollen und beginnen von vorne

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