Jahresrückblick 2022

Beginnst Du Deinen Jahresrückblick gerne mit dem Satzanfang „Und wieder neigt sich ein Jahr dem Ende…?“ Ich schon, also los:

Und wieder neigt sich ein Jahr dem Ende und ich blicke zurück auf das was mich im ausklingenden Jahr 2022 bewegt hat. Um eins gleich vorwegzunehmen: Ich reflektiere mehrmals im Jahr, eigentlich fast täglich, aber gerade am Jahresende überrasche ich mich gerne selbst damit, welche Ereignisse einen so prägenden Eindruck hinterlassen haben, dass ich mich am Jahresende noch daran erinnere. Dabei spielen auch die zentralen Fragestellungen „Worauf bin ich stolz und wofür bin ich dankbar?“ eine zentrale Rolle. Falls Du Dir beim Lesen gerade diese beiden Fragen stellst, so zögere nicht zu antworten bevor Du hier weiterliest.

Wenn ich es in einem Satz formuliere, dann bin ich stolz darauf, dass ich in diesem Jahr den über 600km langen Franziskusweg gepilgert bin. Dankbar bin ich vor allem den Menschen, die mich in diesem Jahr begleitet und unterstützt haben, die mich teilhaben ließen, an deren wertschätzendem Feedback ich wachsen durfte und für die ich einfach wichtig bin.

In diesem Jahr feiere ich, dass ich wieder Ausdauersport treiben kann ohne das mir nach 5km die Puste ausgeht. Außerdem feiere ich die 16 Online Übungsgruppen, die Wochenendworkshops rund um die empathische Kommunikation und den von mir geleiteten 5-tägigen Bildungsurlaub zur effizienten Kommunikation im Beruf. Aber jetzt mal alles der Reihe nach:

Januar

Verkatert wachte ich nach einer ausgelassenen Silvesterfeier am Neujahrstag auf. Ich genoß den Abend in feierlicher Stimmung. Auch wenn kein Feuerwerk abgebrannt werden durfte, waren Silvesterparties im kleinen Kreis wieder möglich. Alleine das war schon ein Grund zum geselligen Feiern und Tanzen.

Wenige Tage später saß ich beim Frühstück, fühlte mich schlapp und maß meinen Blutdruck. Er war mit 90/60 bei einem Puls von knapp über 40 deutlich zu niedrig und kurz darauf wurde mir schwarz vor Augen. Ich begab mich erst einmal ins Krankenhaus, wo mein Herz sorgfältig untersucht wurde. Die Diagnose war, dass mein Herz tadellos funktioniert und die niedrige Herzfrequenz wohl durch Ausdauersport begründet sei. Grund zum Feiern! Dennoch wurde mir angeraten mein Blutdruck-Medikament weiterhin zu nehmen.

Ende Januar durfte ich das Wochenend-Training „Effektive Kommunikation im Beruf“ bei der VHS leiten.

Februar

Ich wollte es nicht glauben, was sich in Russland abspielte. Anfang Februar hätte ich wetten können, dass der russische Präsident Wladimir Putin seine Truppen an der Grenze zur Ukraine nur deshalb positioniert, um -warum auch immer- Macht und Einfluss zu demonstrieren. Am 24. Februar 2022 befahl Putin seinen Truppen in die Ukraine einzumarschieren. Es war Krieg in Europa. Ich bin einfach fassungslos und verunsichert, was noch alles passieren wird. Bilder der mutwilligen Zerstörung laufen täglich im Fernsehen.

Meine Sehnsucht nach Frieden erfüllt sich bei ausgedehnten Wanderungen an jedem Wochenende. Ich startete früh, so dass ich die Streckenlängen von ca. 20km bewältigen konnte. Im Wald finde ich Ruhe, wandere über die Taunushügel, erfreue mich am Gesang der Vögel und störe selbst nur gelegentlich die Ruhe einiger Wildschweine.

März

Im März fuhr ich mit meinem Reisemobil nach Tönning an die Nordsee. Die ersten Sonnenstrahlen luden zum Radeln und Sonnenbaden ein. Meine Heimatstadt Frankfurt ist ja eher groß und hektisch. Im Schleswig-Holstein empfinde ich es angenehm ruhig und entspannend.

Es ist noch immer kein Frieden hergestellt und ich frage mich, wie der Frieden zwischen Russland und der Ukraine überhaupt wiederhergestellt werden kann. Ich bin dankbar, dass ich von Birgit Schulze angefragt wurde bei der „Sonderveranstaltung zur Russland-Ukraine-Lage“ beizutragen, um Menschen empathisch zu hören.

Empathisch gehört werden ist unfassbar entlastend und kräftigend für jene, welche einfach mal erzählen möchten was ihnen auf der Seele brennt .

Mich selbst bereicherte der Online-Vortrag zu Konfliktdynamik und Friedenschancen von Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Friedrich Glasl. Er ist einer der führenden Konfliktforscher dessen Modell der 9 Eskalationsstufen ich auch gerne in meinen Workshops verwende.

April

Ostern steht vor der Tür und ich nutze die letzten Tage der Fastenzeit zu einer kleinen Auszeit nahe der Feste Otzberg in Hering. Dort verbrachte ich zahlreiche Wochenenden meiner Kindheit und noch heute fühle ich mich diesem Ort verbunden.

Auch wenn ich selbst den Konflikt mit Russland nicht lösen kann, so kann ich zumindest meine eigenen Feindbilder überwinden. Wie das genau funktioniert habe ich in meinem Blog Artikel „Wie Du Deine Feinde auf die Schnelle loswirst“ beschrieben.

Mai, Juni

Anfang Mai ist nicht nur das überregional bekannte Radrennen „Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt“ sonder auch der Staufenlauf, den ich seit 2019 als Spendenlauf organisiere. Ich freue mich über die über 150 Teilnehmenden aller Altersklassen, die ich gemeinsam mit dem Bürgermeister der Stadt Kelkheim auf die 2.8km, 11km und Halbmarathon Strecke schicken durfte. Bei angenehmen Temperaturen eine gelungene Veranstaltung, die es ermöglichte €8.000,- an gemeinnützige Einrichtungen zu spenden.

Ein paar Tage später machte ich mich mit meinem Reisemobil auf den Weg nach Florenz, um meine Pilgertour auf dem Franziskusweg nach Assisi und Rom zu beginnen. Dabei lagen 680km Fußmarsch mit 20.000 Höhenmetern mit 12kg Gepäck in meinem Rucksack vor mir. Welche Entdeckungen ich machte und welche Erkenntnisse ich auf dem Weg gewann, kannst Du in meinem Blog „Ein Guter Weg“ nachlesen. Vielleicht ist ja die ein oder andere Inspiration für Dich dabei.

In diesem Zusammenhang feiere ich, dass ich vorher konsequent 360 Tage lang täglich mit Duolingo italienisch lernte. Das war der Verständigung in Italien und meinem eigenen Lernen sehr zuträglich. Der Weg und das Lernen der Sprache förderte mein Wachstum und meine Selbstwirksamkeit.

Juli

Zurück in Deutschland versuchte ich mich ein weiteres Mal mit Stand-Up Paddling auf dem Steinhuder Meer und war begeistert, dass es nahezu auf Anhieb funktionierte. Meine Begeisterung war deshalb so groß, weil es mir im Jahr zuvor nicht gelungen ist mich länger als 90 Sekunden stehend auf dem Bord zu halten. Manchmal sind die Bedingungen einfach nicht so günstig. Es bestärkt mich darin, nie die Flinte gleich ins Korn zu werfen sondern dranzubleiben. Und Du? Ich bin stolz, wie zügig ich mit dem SUP über das Wasser gleiten konnte und wieviel Spaß es machte.

Bei der VHS in Hofheim durfte ich den 5-tägigen Bildungsurlaub „Effektive Kommunikation im Beruf“ leiten. Die Teilnehmenden lernten mit viel Spaß die Methoden der Empathischen Kommunikation in ihren Berufsalltag zu integrieren. Und ich hatte voller Dankbarkeit viel Spaß beim Vermitteln. Der Monat endete mit der jährlichen Männerrad-Tour rund um Miltenberg. Ein Wochenende lang Radfahren und geselliges Beisammensein nur mit Männern.

August, September

Der August startete mit einer Corona Infektion, dabei dachte ich schon meine Immunsystem und meine Gesundheit seien so unbezwingbar, dass mir der Corona Virus nichts anhaben kann. Demut ist das Motto des Monats! Ich bin dankbar, dass mich Corona zumindest einigermaßen verschonte. Ich war zwar schlapp, aber meine Lunge wurde nicht angegriffen und ich konnte jederzeit tief durchatmen.

Ende August fuhr ich nach Frankreich und erkundete die Wellen des Atlantik bei Hourtin sur Plage und die Städte Carcasonne, Narbonne und Bezier. Ich kann noch immer nicht beschreiben weshalb es mir der Canal du Midi so sehr angetan hat. Vielleicht weil er mit angenehmer Fließgeschwindigkeit den Atlantik mit dem Mittelmeer verbindet, vielleicht weil ich von der Ingenieurkunst so fasziniert bin wie der Kanal das Wasser über Schleusen und Brücken führt. Soviel kann ich sagen: Wenn ich an den Canal-Du-Midi denke, entsteht ein nebulöses Glücksgefühl.

Oktober

In meinen Gedanken schwingen noch die Erlebnisse des Sommers nach. Der Franziskusweg hat Wunder bewirkt, denn ich war seit über 6 Jahren wieder in der Lage eine Strecke über 30km zu joggen und auch mein Blutdruckmedikament durfte ich absetzen. Mein Ziel meine Gesundheit wiederherzustellen war erreicht.

Um mich auch in der empathischen Kommunikation und auf meinem Weg zur CNVC Trainer-Zertifizierung weiterzuentwickeln, nahm ich an den Mentoring und Assessment Tagen teil. Es waren vier Tage voller bereichernder Gemeinschaft.

Wenn sich die Menschen gegenseitig empathisch begegnen entsteht Klarheit. Klarheit führt zu Verständnis, Verständnis zu Vertrauen und das wiederum zu Frieden. Ich träume davon, dass ich irgendwann in einer solchen Welt lebe. Deshalb möchte ich durch meine Workshops und Übungsgruppen auch dazu einen Beitrag leisten.

November

Wie jedes Jahr feiere ich am Monatsanfang meinen Geburtstag. Ich werfe den Grill an und bereite ein leckeres Mahl zu. Dabei feiere ich mit Freunden mein Älterwerden, meine Lebendigkeit und meine Gesundheit. Der November ist ja eher ein trüber Monat, die Temperaturen sinken und in die Verfügbarkeit von Gas und Energie ist medial präsent. Auch ich musste die Preiserhöhung von Gas und Strom mit freudlos „schlucken“. Durch den anhaltenden Krieg frage auch ich mich immer öfter, ob ich wohl in warmer Wohnung durch den Winter kommen werde.

Ich freue mich, dass ich das Training „Mann spricht Empathisch“ beim VBV in Hofheim leiten darf. Ein Wochenende lang an dem Männer ihre Bedürfnisse und Gefühle erkunden und die vier Schritte der empathischen Kommunikation verinnerlichen. Ich bin dankbar für die Gemeinschaft und den vertrauensvollen Austausch.

Die Fussball Weltmeisterschaft in Katar beginnt. Deutschland verliert das erste Spiel gegen Japan. Es gibt Diskussionen über die Umständen unter welchen die Spiele nach Katar gekommen sind. Ich kenne auch Leute, welche die Spiele boykottieren. Ich schaue eine hand-voll Spiele, kann jedoch meine Begeisterung für die vergangenen Weltmeisterschaften nicht so sehr spüren.

Dezember

Die ersten Weihnachtsmärkte haben geöffnet und ich besuche wieder einige. In diesem Jahr war ich nicht nur in der Region sondern auch in München, Ulm und Düsseldorf. Allerdings steuere ich nur Weihnachtsmärkte an, wenn ich in der jeweiligen Stadt bin.

Nach Düsseldorf hat mich zum Beispiel der Workshop „Restorative Circles“ mit Sabine Geiger geführt. Eine in Brasilien entdeckte Methode zur Konfliktlösung die auch nach Deutschland gebracht wurde. Während des Trainings wurde mir auch wieder einmal bewusst, dass Konflikte vermieden werden könnten, wenn Menschen einfach einander zuhören würden, wenn Sie ihre Kommunikation entschleunigen würden und erstmal klären, wie das Gehörte zu verstehen ist. UND ZWAR BEVOR anhand eigener Bewertung bzw. Interpretation reagiert wird.

Argentinien besiegte im Finalspiel Frankreich und ist Sieger der Weltmeisterschaft 2022 in Katar. Ein Spiel auf Augenhöhe, dass am Ende im Elfmeterschießen entschieden wurde. Grenzenlose Freude ist bei den Siegern und unfassbare Traurigkeit bei den unterlegenen Franzosen zu sehen. Das Fussballstadion scheint noch immer der einzige Arbeitsplatz zu sein, wo Männer ihre Emotionen zeigen. Da stellt sich doch die Frage: Warum eigentlich ist es verpönt im Büro mit Tränen zu untermalen, dass ein wichtiger Deal nicht zu Stande kam oder ein leistungsstarker Mitarbeiter das Unternehmen verlässt?

Ausklang

Heute (21.12.2022) ist mit acht Sonnenstunden der kürzeste Tag des Jahres 2022. Ich blicke mit Stolz zurück auf meinen Pilgerweg, auf mein Lernen und auf meine gesellschaftlichen Beiträge die leisten durfte. Dankbar bin ich den Menschen die mich begleitet haben, an mich geglaubt haben, mich auf den Füßen gehalten haben und Teil derer Lebens ich sein durfte. Es waren wieder viele wundervolle Begegnungen die ich nicht einzeln erwähnen möchte. Wenn Du Dich angesprochen fühlst, dann warst Du dabei.

Nun liegen ein paar ruhige, entspannte Tage vor mir und freue mich, dass von nun an die Tage wieder länger werden. Ich blicke zuversichtlich auf den Jahreswechsel und freue mich auf die Projekte die vor mir liegen.

Ich wünsche Dir von Herzen einen frohen, friedvollen Jahresausklang und hoffe wir begegnen uns auch im kommenden Jahr wieder. Hinterlasse mir gerne einen Kommentar, wenn Dich mein Jahresrückblick angesprochen hat.

Bleib gesund und munter!

Transit nach West-Berlin (1986)

Mein erster Wagen war ein knallroter Fiat Panda 34. Mit diesem Wagen wuchs mein Wunsch die „Welt“ oder zumindest Deutschland zu erkunden und besonders attraktiv erschien mir Berlin, denn dort hatte ich bei Verwandten eine günstige Übernachtungsmöglichkeit. Die Fahrt hatte nur einen Haken: Ich musste über die damalige Zonengrenze durch die DDR, um nach nach Berlin zu fahren. Bereits im Geschichtsunterricht lernte ich einiges über die Gräueltaten der Grenzsicherungsbeamten, die Jeden erschossen der aus der DDR fliehen wollte. Von Erzählungen hörte ich auch wie aufwändig die Grenzkontrollen seien, aber ich ließ mich nicht von meinen Reiseplänen abhalten.

Mit gültigem Reisepass machte ich mich bald auf die Fahrt von Frankfurt nach Berlin. Es standen zwei Strecken zur Auswahl. Entweder über den Grenzübergang bei Helmstedt oder Herleshausen. Ich entschied mich für letzteren, obwohl die Fahrt durch die DDR deutlich länger war. Die Ausreise aus der Kontrollstelle der BRD verlief flüssig und ich fuhr weiter bis zum Stauende vor der Grenzkontrollstelle. Irgendwann wurde der Verkehr auf zehn oder mehr Spuren aufgefächert und ich steuerte im Schneckentempo auf die erste Kontrollstelle der DDR zu. Je näher ich kam, desto mulmiger wurde mein Gefühl.

Einreise in die DDR.

Der DDR Grenzbeamte forderte „Reisepass!“ ohne auch nur eine Mine zu verziehen. Er behielt den Reisepass und winkte mich weiter. Jetzt stand ich inmitten der wartenden Autoschlange und versuchte so ruhig wie möglich zu wirken. Hier gab es nur ein langsames vor und definitiv kein zurück. Ich fühlte mich unfrei und hilflos. Grenzbeamte patrouillierten mit und ohne Maschinengewehren mit starrer Mine durch die Fahrzeugreihen. Von den nahegelegenen Wachtürmen sah ich wie sich die Sonne in den Ferngläsern der Grenzer spiegelte. So musste es sich anfühlen, wenn man auf dem Weg in den Hochsicherheitstrakt eine Gefängnisses war. Für die ca. 100 Meter bis zum nächsten Kontrollhäuschen benötigte ich eine gefühlte Ewigkeit.

An der zweiten Kontrollstelle wurde ich befragt, was ich auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik zu suchen hätte und wohin meine Reise ginge. Weiter wollte er starrer, emotionsloser Mine wissen, ob ich irgendwelche Drogen, Alkohol, andere gefährliche Substanzen, Waffen etc. im Gepäck hätte, was ich verneinte. In jedem anderen Fall wäre ich vermutlich direkt in die nächstgelegene Haftanstalt überführt worden. Seinen Fragenkatalog arbeite er erfolgreich ab, drückte mir schließlich den Stempel in meinen Reisepass und ließ mich passieren.

350km Anspannung.

Die nächsten 350km fuhr ich mit vollem Tank bei striktem Tempolimit von 100 km/h durch die DDR. Unterwegs waren mitten auf der Autobahn plötzliche Geschwindigkeitsbeschränkungen. Erst 60 km/h, dann 40 km/h, dann 20km/h und dann kam der Volkspolizist mit der Kelle: Fahrzeugkontrolle. Ob ich unterwegs etwas aufgenommen hätte, ob ich Rast gemacht hätte, jemandem geholfen hätte und weiteres wollte er wissen. Ich bestand diesen Test, fuhr unter Anspannung weiter und hoffte, dass mir weitere Schikanen erspart blieben und mein kleiner roter Fiat die Strecke nach Berlin pannenfrei überstehen würde.

Ich hielt mich so penibel wie noch nie an die Geschwindigkeitsbeschränkungen und fuhr noch nie so verängstigt wie dort. Die Angst bei der Kontrolle auch nur eine Frage falsch zu beantworten und dafür schikaniert zu werden, war zu groß. Ich war heilfroh, als Berlin in greifbare Nähe rückte und ich der letzten Schikane ausgesetzt war.

Ausreise aus der DDR.

Die „Ausreise“ aus der DDR, folgte einem ähnlichen Prozedere. Es war nur noch aufwändiger war als bei Einreise, denn ich hätte ja ein potentieller Fluchthelfer sein können, der auf einem Rastplatz jemanden mitnahm und irgendwo versteckte. Ich wurde intensiv befragt, Grenzpolizisten durchwühlten mein Gepäck, untersuchten mit Spiegeln den Unterboden meines Wagens und schoben eine flexiblen Metalldraht in den Tank, um zu prüfen, ob anstelle des Tanks ein Versteck für einen Flüchtigen wäre. Immerhin galt es ungesicherte Grenzübertritte mit allem Mitteln zu verhindern. Schließlich durfte ich passieren und die ganze Anspannung fiel mit einem Male von mir ab.

Einerseits war mein Bedürfnis nach Abenteuer nach dieser Fahrt erfüllt und gleichzeitig war da ein Gefühl von Hilflosigkeit, von Ausgeliefertsein und mein Bedürfnis nach Klarheit, Schutz, Sicherheit und Freiheit deutlich unterversorgt. Ich fuhr die Strecke natürlich mit gleichem Prozedere wieder zurück. Trotz der Schikanen fuhr ich noch häufiger mit meinem kleinen roten Flitzer nach Berlin. Die Lust diese lebendige Stadt ohne Sperrstunde zu entdecken und zu feiern war einfach zu groß.

Die Erlebnisse an der Grenze waren prägend. Obwohl sich alles vor dem Mauerfall vor über 30 Jahren ereignete, so verspüre ich die Angst beim Anblick von uniformierten Grenzbeamten bei jedem Grenzübertritt zwar nicht mehr. Ein unspezifisches mulmiges Gefühl ist jedoch geblieben.

Welche Erlebnisse mit Autoritäten hattest Du? Magst Du sie erforschen, dann schau Dir die folgende Übung an : Umgang mit Autoritäten.